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Club der Enttäuschten
Club der Enttäuschten – wer diesen Titel zum ersten Mal liest, der mag spüren, wie ein bitteres Lächeln auf den Lippen erscheint während man sich denkt: gehören wir da nicht alle irgendwie dazu?
Halle, eine Stadt mit viel Theater
Bevor man gleich zu tief in Grübeleien über den unheilverkündenden Namen verliert, stellen wir klar: „Club der Enttäuschten“ ist ein Theaterstück, welches im bereits im Jahr 2001 uraufgeführt wurde und vor ein paar Jahren auch in Halle gespielt wurde. Halle ist nämlich nicht nur voller Spaß und Unterhaltung, wenn es gerade Salzfest ist: das ganze Jahr hindurch gibt es ein großes kulturelles und künstlerisches Programm. Mit insgesamt fünf Theater- und Oper-Bühnen in Halle sowie der Staatskapelle gibt es genug Gelegenheit für Schauspieler, Musiker und Tänzer, um das Publikum von Halle und Umgebung zu begeistern. Auch ein Puppentheater gibt es!
Nun aber zurück zu den Enttäuschten. Obwohl der Titel sich vielleicht schon sehr nach Drama und Trauerklößen anhört, ist das Stück tatsächlich eine Komödie. Typisch deutscher Papierkram, sinnfreie Büroarbeit, endlose Stunden gefüllt mit Tätigkeiten, deren Nutzen nicht ganz klar ist, Maßnahmen ohne Hand und Fuß: das Stück nimmt einige Dinge auf die Schippe, mit denen wir uns als Deutsche leider so richtig gut auskennen.
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme
Deutsche Wörter sind ja dafür bekannt, dass sie oft lang und kompliziert sind. Dann lasse man sich dieses Wort doch noch einmal auf der Zunge zergehen: Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Könnte etwas noch deutscher klingen? Das bezieht sich auch auf die Bedeutung des Wortes.
In Deutschland kam das Arbeitsamt in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit auf die Idee, eine solche Maßnahme einzuführen, um Arbeitssuchenden wenigstens ein kleines Einkommen zu sichern und auch dabei zu helfen, nach einer eventuell längeren Zeit der Arbeitslosigkeit wieder in ein braves Arbeiterleben einzufinden.
Was die derart Beschäftigten in der Praxis dann machten, waren Jobs vom sogenannten „zweiten Arbeitsmarkt“, also meistens einfache Jobs in Büro und Verwaltung, soziale Dienste, Verkehrs- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Industrie. Also Arbeiten, die üblicherweise auch im Rahmen von Bürgerarbeit und Freiwilligenarbeit erledigt werden und für die man nicht besonders viel Vorwissen und Erfahrung haben musste. Dementsprechend waren diese Jobs auch auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht gut bezahlt und als Folge dieser beiden Umstände wollten viele Arbeitslose diese Jobs wohl auch nicht haben. Wer möchte schon für wenig Geld einen stumpfen, langweiligen Job machen?
Wirtschaftsdrama/Wirtschaftskomödie
Hört man sich das an, dann ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mittlerweile abgeschafft ist und, wie im Fall des Theaterstücks „Club der Enttäuschten“ zu Handlungs-Material für sozialkritische Komödien wird. Die Autorin Felicia Zeller hat sich also eine Gruppe von sechs zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahme-Jobs Verdammten als Basis für ihr Theaterstück ausgesucht und daraus ein erfrischend witziges, aber auch tiefsinniges Stück geschaffen. Die Zuschauer erkennen sich selbst in den zum Teil absurden Büroalltags-Szenarien wieder – wohl Bekanntes wird in ein neues Licht der Lächerlichkeit gerückt und bringt gerade deshalb zum Lachen, weil es ja (leider) so viel Relevanz im Alltag vieler Büromenschen hat: der Kampf mit dem Kopierer, das ewige Zettel- und Formulare-Ausfüllen, das Geschwätz, die Langeweile, Rivalitäten, Flirt-Versuche und Freundschaften, die Mitarbeiter, die immer absichtlich krank machen, um sich vor der Arbeit zu drücken. Das Endergebnis ist so skurril, dass man sich selbst, die Büroumwelt und natürlich die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme überhaupt nicht mehr ernst nehmen kann, sondern nur noch darüber lacht. Echte Wirtschaftskomödie eben, mit einem Schuss echtes Drama und subtiler, satirischer Kritik.